Evang.-luth. Kirchengemeinde Wehdem
Die Kirchengemeinde Wehdem im Norden des Kreises Lübbecke liegt mit ihren drei Dörfern Wehdem, Westrup und Oppendorf am Fuße der Stemmer Berge. Das kirchliche Zentrum ist das auf einer Anhöhe nördlich der Ortschaft Wehdem erbaute Gotteshaus. In einer Urkunde aus der 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts heißt es, daß derr Ort Wehdem (frühere Benennung Wethehem) der Mindenschen Kirche geschenkt wurde. Es ist anzunehmen, daß es schon damals in Wehdem eine Kirche oder Kapelle gab. Die Deutung des Ortsnamens läßt darauf schließen. Wehdem heiß 969 Wethehem, 1330 Wedehem, auch Widum, 1441 Wedeham. Wede, Widi, Widu bedeutet Wald, heiliger Wald, Hain. Die zweite Silbe hem bedeutet heim. Demnach besagt Wedehem soviel wie Waldheim. In der kirchlichen Chronik ist die Ortsbenennung von Wedum abgeleitet. Das ist gleich ,,Weihetum" oder ,,Heiligtum Gottes"
Nachweislich wurde im Jahre 1330 eine Kirche erbaut. Das Leversche Stiftsarchiv beurkundet, daß 1330 einige Wehdemsche Kirchengüter in Oppenwehe zum Bau einer Kirche in Wehdem verkauft wurden. Da die Chronik schon 1283 einen Kirchenherren Hermann zu Wehdem erwähnt, Muß schon in dieser Zeit eine gottesdienstliche Stätte vorhanden gewesen sein. Aufschluß gibt auch der ,,hillige Bökenweg" mit der anschließenden ,,hilligen Dehne". (Noch heute katasteramtlich festgehalten.) Diese ,,hillige Dehne" ist ein kleines den Stemmer Bergen vorgelagertes Quertal und heute mit dem anliegenden Hügelrücken Ackerland. Auch nach 1330, dem Baujahr der mit Bestimmtheit nachzuweisenden Kirche, war der Pfarrer von Wehdem verpflichtet, in der vermutlich auf der ,,hilligen Dehne" stehenden Kapelle Gottesdienst zu halten.
Die 1330 erbaute Kirche lag mehr am Südost-Abhange des heutigen Kirchberges, unterhalb der jetzigen Kirche. Auf dem Kirchhofe oberhalb der Kirche wurde schon 1368 das Gogericht der Freigrafschaft Stemwede abgehalten. Das Wappen eines Gehrke-Wedeham vom Jahre 1441 wurde in das Siegel des Amtes Dielingen-Wehdem übernommen. Gehrke war Richter ,,auf dem Stemwede".
Leider gibt es keinen Hinweis auf die innere und äußere Beschaffenheit der Kirche von 1390. Vermutlich wurde sie ans dem Kalkstein der Stemmer Berge im spätromantischen Baustil errichtet. Nach der Chronik gehörten die Wagenfeldschen zur Wehdemer Gemeinde. Es gab von Norden her eine Tür, die zum „Wagenfeldschen Ort" führte. Die Kirche zu Wehdem war für die Wagenfelder die Taufkirche. Für Oppenwehe, das zwar schon seit alters eine Kapelle oder Klus hatte (siehe Geschichte Oppenwehes), war in Wehem die eigentliche gottesdienstliche Stätte. Erst 1931 würde in dieser großen Landgemeinde des Kreis Lübbecke eine Kirche gebaut.
Den Altar in der 1330 erbauten Kirche zu Wehdem stiftete im Jahre 1605 Frau Witwe Hardenfeld. Ihr Besitz (Gut) lag im heutigen Oppendorfer Ortsteil Hartenfelde. Das Stammhaus ist jetzt Priesmeier Nr. 91. Seit 1583 kam es im früheren Bistum Minden zur Einführung evangelisch-lutherischer Prediger. Nach der Chronik haben in Wehdem seit der Reformation 22 Pastoren ihres Amtes gewaltet.
Nach dem allmählichen Verfall der alten Kirche wurde 1801 mit dem Bau eines neuen Gotteshauses im Stil einer angesprochenen Predigtkirche begonnen. Das Kirchenschiff erhielt die Form eines Kreuzes. Altar und Kanzel stehen bis heute an der Südseite, die Orgel ist an der Nordseite angebracht. Da 1817/18 das heutige Pfarrhaus gebaut wurde, kam die Gemeinde in Geldschwierigkeiten, so daß erst nach Erhalt eines königlichen Gnadengeschenkes von 1200 Talern in den Jahren 1853-55 der Turm errichtet werden konnte. Er hat eine Höhe von etwa 30 Metern. Solange kein Turm vorhanden war, hingen die drei Glocken, von denen die älteste - die Marienglocke - aus dem Jahre 1494 stammt, in einem eigens dafür erbauten Fachwerkhaus. Dieses Glockenhaus wurde 1856 abgebrochen, auf dem Pfarrhof wieder errichtet und diente viele Jahre als Wagenschuppen. Nach den ersten Weltkriege traf die Kirche ein kalter Blitzschlag. Die
notwendigen Reparaturarbeiten wurden von der Gemeinde selbst finanziert. Eine hilfreiche Unterstützung fand die Gemeinde in den hochherzigen Geldspenden ehemaliger Gemeindeglieder, die infolge des Tiefstandes der ursprünglich blühenden häuslichen Leinenindustrie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Amerika, vornehmlich in den Staat Illinois, ausgewandert waren.
Heute zählt die ev.-luth. Kirchengemeinde Wehdem etwa 3000 Seelen. Die Dörfer des Kirchspiels haben ihre ländliche Struktur erhalten. Vehrkehrstechnisch (Eisenbahn und Autobusse) sind die Ortschaften nicht zu günstig erschlossen. Der zunehmende Privatwagenverkehr wiegt aber vieles auf.
Neben der Kirche liegt das Gemeindehaus, die ehemalige kirchliche Schule. Ein größerer Saal und ein kleinerer Raum sind der Gemeindearbeit, besonders such der Jungendarbeit sehr dienlich. Seit 1912 gibt es eine Gemeindepflegestation, die in der Folge von Schwestern des Diakonissen-Mutterhauses Sarepta besetzt wurde. Im Gemeindehaus ist auch eine Nebenstelle des Kreisgesundheitsamtes. Die Glieder der katholischen Diasporagemeinde, die es infolge der völkischen Umschichtung in und nach dem Kriege 1939/45 auch in unsern ursprünglich rein evangelischen Dörfern gibt, halten im Gemeindehaus ihre Gottesdienste. Der katholische Pfarrer von Rahden kommt zu den Gottesdiensten. In Wehdem selbst gibt es eine Seelsorgstelle, die mit einer katholischen Seelsorgsschwester besetzt ist.
Nach Beendigung des Krieges 1939/45 richtete das Evangelische Hilfswerk von Westfalen in Westrup ein Kranken- und Pflegehaus mit etwa 60 Betten ein. Es ist zugleich eine Ausweichstelle für das Krankenhaus Lübbecke. 1953/54 errichteten Bauern aus Westrup und den angrenzenden Dörfern am Südabhange der Stemmer Berge ein schön gelegenes Jugend-wohnheim. Es ist beabsichtigt, dort Jugendliche unterzubringen, die als landwirtschaftliche Arbeitskräfte, an denen es infolge des unheimlichen Sogs der Industrie immer mehr fehlt, eingesetzt werden sollen. Mit den Bauern hat sich die Heimstatthilfe der Inneren Mission für die Errichtung des Heimes tatkräftig eingesetzt. Beide suchen nach einer glücklichen Lösung der brennenden Landarbeiterfrage.
Die Erweckungsbewegung hat auch in unsern Dörfern ihre Spuren hinterlassen. Ihr ist es zu verdanken, daß es schon verhältnismäßig früh zur Gründung eines kirchlichen Posaunenchores kam, der 1955 auf ein 75jähriges Bestehen zurückblicken konnte. Er wurde 1880 in Westrup von dem 3. Posaunenchorleiter Fritz Quebe gegründet. Wenige Jahre später entstand der Kirchenchor, der ebenfalls bis heute zum Lobe Gottes dient.
Wir stehen in einer neuen Zeit. Unser Werk ist gering. Wir dürfen aber auf die Zusage Gottes bauen, daß sein Wort und such seine Gemeinde bei allem Wandel der Zeit bleiben werden bis in Ewigkeit.